Dr. Herbert Breker (links) im Interview zur Pressekonferenz anlässlich des 5-jährigen Bestehens der Malteser Migranten Medizin Köln. Foto: Malteser Köln.
Dr. Herbert Breker (links) im Interview zur Pressekonferenz anlässlich des 5-jährigen Bestehens der Malteser Migranten Medizin Köln. Foto: Malteser Köln.
Juni 2010, Köln

Fünf Jahre Malteser Migranten Medizin in Köln

2.369 Patienten ohne Krankenversicherungsschutz behandelt

Die Sprechstunde für Menschen ohne Krankenversicherungsschutz in Köln (Malteser Migranten Medizin) kann in diesen Tagen ein kleines Jubiläum feiern. Seit fünf Jahren bieten die Malteser diesen ehrenamtlichen Dienst für Menschen in medizinischen Notlagen in Köln an.

Und aufgrund jährlich steigender Patientenzahlen ist ein Ende dieses Engagements nicht abzusehen. 2.369 Frauen, Männer und, seit 2009, auch Kinder und Jugendliche haben bislang die Hilfe der Malteser in Anspruch genommen, alleine 400 im ersten Halbjahr 2010.

„Jahr für Jahr kommen mehr Patienten“, so der ärztliche Leiter der Sprechstunde, Dr. med. Herbert Breker. Waren es 2005 noch 127, so kamen im vergangenen Jahr 612 Hilfesuchende in die Sprechstunde am Malteser Krankenhaus St. Hildegardis. „800 werden es wohl in diesem Jahr sein“, ist sich der Chefarzt im Ruhestand, der die Sprechstunde gemeinsam mit fünf weiteren ehrenamtlichen Ärztinnen und Ärzten anbietet, sicher. Auch die Sprechstunde für Kinder und Jugendliche, die die Malteser seit 2009 wöchentlich anbieten, verzeichnet steigende Patientenzahlen.

Ursprünglich ein Angebot für Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus

Die Malteser haben dieses medizinische Angebot zunächst für Menschen ohne legalen
Aufenthaltsstatus ins Leben gerufen, aber die Entwicklung in den vergangenen fünf Jahren hat das Team um Dr. Breker dann doch überrascht.

Gegenüber den Vorjahren zeichneten sich starke Verschiebungen beim Status und den Herkunftsländern der Patienten ab. Mit Abstand die größte Gruppe 2009 und in den ersten sechs Monaten 2010 wären Zuwanderer aus den neuen EU-Mitgliedsländern Bulgarien, Rumänien und Polen, die nach dem Schengen-Abkommen frei einreisen könnten und die nach den Beobachtungen Dr. Brekers längerfristig oder dauerhaft hier bleiben wollten. „Nach dem Entsendegesetz ist für sie eine reguläre Beschäftigung in Deutschland bis 2014 nicht gestattet, somit auch keine Sozialversicherung nach unserem Recht“, erläutert der Malteser-Arzt.

Auch sei bei dieser Gruppe eine Krankenversicherung nach dem europäischen Gemeinschaftsrecht im Notfall nicht mehr möglich, weil die Betroffenen ihre Herkunftsländer durch Übersiedlung nach Deutschland längerfristig oder dauerhaft verlassen hätten und damit ihren Versicherungsschutz nach Wegzug dort verlören. Bei der Erstattung von Behandlungskosten bei schweren Erkrankungen sei diese Bevölkerungsgruppe die problematischste.

Bemerkenswert, so Dr. Breker weiter, sei der deutlich geringere Anteil der Patienten ohne legalen Aufenthaltsstatus im Vergleich zu den Vorjahren auch nach den Absolutzahlen. „2005 waren rund 50 Prozent unserer Patienten dieser Gruppe zuzuordnen. Heute liegt ihr Anteil bei rund 20 Prozent“. Es bleibt spekulativ, ob dies durch einen tatsächlichen Rückgang der Zahl der Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus hindeute, oder ob Patienten dieser Zielgruppe andere Einrichtungen aufsuchen würden.

Rückgang deutscher Patienten

Gegenüber den Vorjahren sei auch der Anteil deutscher Patienten ohne Krankenversicherungsschutz weiter zurückgegangen. „Sicherlich ein Hinweis auf die Auswirkungen der Gesetzesänderungen mit Einführung einer Versicherungspflicht“, schätzt Dr. Breker diese Entwicklung positiv ein. Alle Patienten wären über die geänderten Regelungen informiert und von den Maltesern befragt worden. Als Grund der noch nicht erfolgten Wiederaufnahme in die Krankenversicherung wurde häufig angegeben, dass die Wiederaufnahme von den Versicherungen mit der Rückforderung von Beiträgen seit dem Zeitpunkt der Gesetzesänderung zusätzlich Säumniszuschlag verknüpft wurde, - „ein Betrag, den die befragten Patienten nicht aufbringen konnten“.

Schwierige Finanzierung

Nach wie vor schwierig sei die Finanzierung der Sprechstunde. „Wir sind ausschließlich auf Spenden angewiesen und erhalten keinerlei öffentliche Zuschüsse“, beschreibt Projektleiterin Isabella Freifrau von Wrede die Situation. „Mehr Patienten bedeuten auch einen höheren finanziellen Aufwand“. Besonders dankbar sei sie daher auch dem Malteser Krankenhaus, das Infrastruktur und Expertise zur Verfügung stelle. „Ohne diese Nähe zum St. Hildegardis Krankenhaus könnten wir dieses Angebot gar nicht aufrecht erhalten“, ist sich Isabella von Wrede sicher. Hinzu käme noch die großartige Unterstützung eines Netzwerkes aus rund 50 niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten in Köln, die immer wieder Patienten zur
Weiterbehandlung aufnähmen. „Allerdings tragen dann in der Regel wir die entstehenden Kosten, auch wenn sie noch so niedrig in Rechnung gestellt werden“, unterstreicht die Projektleiterin. (29. Juni 2010).

Weitere Informationen sowie Spendenkonto zu MMM […]
Zum MMM Jahresbericht 2009 […]
Dr. Herbert Breker im Interview bei Radio Köln [...]

Statistische Entwicklung:

2005: 127 Patienten, davon 34 Deutsche und 66 Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus
2006: 370 Patienten, davon 80 Deutsche und 183 Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus
2007: 390 Patienten, davon 98 Deutsche und 171 Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus
2008: 470 Patienten, davon 71 Deutsche und 139 Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus
2009: 612 Patienten, davon 56 Deutsche, 119 Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus,  
          81 Kinder und Jugendliche
2010: 1. Halbjahr: 400 Patienten, davon 40 Deutsche, 80 Kinder und Jugendliche.
          Die Anzahl Patienten ohne legalen Aufenthaltsstatus ist weiter rückläufig.

Die erste MMM Anlaufstelle entstand 2001 in Berlin. Mittlerweile sind die Malteser in 11
Großstädten mit MMM-Einrichtungen vor Ort vertreten. In NRW in Köln und Münster.
Insgesamt konnte seit 2001 so über 20.000 Menschen in medizinischen Notlagen geholfen
werden.

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